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Menschen gut klingen lassen – das hat Ulrich zu seinem Beruf gemacht. Er produziert die Podcast-Reihe Hört sich gut an und unterstützt Unternehmen beim Erstellen von hochwertigen Audio-Formaten. Hier frage ich ihn zu einer Qualität in Unternehmen, die unterschätzt und ausbaufähig ist: das Hören.
Armin: Ulrich, wie kam es, dass das Hören für dich so wichtig wurde? Gab es einen Auslöser?
Ulrich: Es war ein Prozess, aber bewusst wurde es mir in meiner Schauspielausbildung. Der Hörsinn war das Erste, womit wir arbeiteten. Schon früher hatte ich eine starke Beziehung zu Musik, Klangqualität, Produktionen – ich wollte sogar Tonmeister werden. Während meiner Schauspiel- und Musicaljahre spielte das lange keine große Rolle. Erst mit Corona kam es zurück: In den vielen Online‑Meetings hat es ständig in mir gearbeitet: Warum klingt diese Person so und was müsste man tun, damit es besser klingt? Gleichzeitig begann ich für Radio München zu sprechen und meine Beiträge selbst zu bearbeiten. Da wurde mir klar, wie zentral Hören für mich ist.

Armin: Welche Rolle spielt dein inneres Erleben dabei – das, was du beim Hören in dir wahrnimmst?
Ulrich: Wenn ich etwas Schönes höre, breitet sich etwas in mir aus, als läge ich auf einer großen Wiese und es regnete Goldstaub auf mich herab. Bei unangenehmen Klängen zieht sich alles zusammen, ich werde unruhig und will es ändern. Entscheidend ist dabei weniger der Inhalt als die Sorgfalt: Ich höre sehr deutlich, ob etwas mit Liebe gemacht ist, vor allem in der Musikproduktion.
Die Natur lehrt uns: Etwas kann
auch wuchtig klingen, sogar
schräg, oder ganz zart.
Die Natur draußen lehrt uns: Etwas kann wuchtig klingen, sogar schräg, oder ganz zart. Wenn man am Atlantik steht und die Brecher gegen die Felsen donnern, ist es eigentlich wahnsinnig laut und es entsteht ganz viel Geräusch. Trotzdem ist es für mich total schön. Weil es organisch ist, weil es in sich stimmig ist.
Armin: Du hast das Wort „stimmig“ verwendet. Woran merkst du bei Gesprächen, dass es „stimmt“?
Ulrich: Wenn sich die Beteiligten entspannen können. Wenn man nicht mehr über den Kopf kontrollieren muss, sondern wirklich in Resonanz gehen kann. Ein stimmiges Gespräch entsteht durch Vertrauen, Würdigung und einen gemeinsamen Raum, in dem man sich sicher fühlt. Erst dann kann man wirklich zuhören.
Armin: Im Arbeitsleben gibt es ja viele Gespräche, die nicht entspannt sind. Wie gehst du mit unangenehmen Situationen um?
Ulrich: Ich prüfe zuerst, ob ich etwas verändern oder lernen kann. Im Theater kam ich oft in angespannte Situationen, wenn ich mich nicht richtig gesehen fühlte. Dann wurde ich verkrampft. Sobald ich herausfand, wie ich anders in eine Probe gehen kann, veränderte sich etwas. Manchmal war es so simpel wie früher kommen, Kaffee vorbereiten, eine angenehme Atmosphäre schaffen. Nicht um die Gruppe zu retten – eher als Selbstrettung, weil ich in schlechten Atmosphären nicht funktioniere.
In unangenehmen Gesprächen spreche ich offen aus, was etwas mit mir macht, ohne zu beschuldigen. Eine Freundin brachte mir einmal diesen Kniff bei: Wenn du etwas willst, bitte um Hilfe. Das ist oft der Schlüssel. Und ein weiterer Kniff, wenn Projekte sehr ehrgeiz-gesteuert sind, wie fast immer in Film und Theater: Ich verbünde mich mit Leuten, die sich nicht für den Nabel der Welt halten. Lichttechniker, Toningenieure, Austatterinnen zum Beispiel. Solche Menschen entspannen und erden mich.
Armin: Du praktizierst Buddhismus. Wie beeinflusst sein Gedankengut Dein Hören?
Ulrich: Besonders die Figur Avalokiteshvara – Kanzeon im Japanischen – begleitet mich. Ein Bodhisattvabedeutet wörtlich „Erleuchtungswesen“ (bodhi = Erleuchtung, sattva = Lebewesen), ein Wesen also, das auf dem Pfad der Erleuchtung unterwegs ist. Im Buddhismus wurde er zum Ideal jedes Praktizierenden, der Erleuchtung sowohl für sich als auch für andere anstrebt – oft More, der die Klänge und Leiden der Welt wahrnimmt. Dieses Hören‑als‑Wahrnehmen bedeutet für mich, das, was ist, erst einmal heranzulassen, ohne sofort zu urteilen. Das ist eine Qualität, die mir wichtig ist.
Armin: Lass uns über deinen Podcast sprechen: „Hört sich gut an“. Was möchtest du darin hörbar machen?
Ulrich: Ich möchte Gespräche führen, die beim Zuhörer das Gefühl auslösen, mit am Tisch zu sitzen. Wie in Schillers „Bürgschaft“: Freundschaft von zwei Menschen verwandelt den Tyrannen, er wird „Dritter im Bunde“. Ich will eine Qualität des Zuhörens zeigen, die Menschen oft vermissen. Es geht mir nicht darum, was das Publikum hören will, sondern darum, einen Raum zu schaffen, in dem wirklicher Dialog entsteht und Menschen sich wahrgenommen fühlen.
Meetings funktionieren
oft wie kleine Wettbewerbe.
Armin: Im Business, vor allem im Marketing, soll man ständig senden. Du setzt auf Empfangen. Wie vereinbarst du das?
Ulrich: Viele im Wirtschaftsleben bestehen darauf, sich behaupten zu müssen. Meetings funktionieren oft wie kleine Wettbewerbe. Da bleibt kein Raum für Kreativität, die nur entsteht, wenn man sich einlässt und unvoreingenommen in Resonanz geht.
Ich treffe oft Menschen, die sich im „Behauptungsmodus“ gar nicht wohlfühlen, aber glauben, es gehöre dazu. Wenn sie wieder lernen, auf sich selbst und auf andere zu hören, entdecken sie oft etwas viel Wahrhaftigeres als ihre strategischen Kernbotschaften.
Wenn Menschen aus der Wirtschaft zu mir kommen und eine Sprachberatung oder Soundberatung möchten, wissen Sie noch gar nicht, was sie eigentlich bekommen. Zum Beispiel die Freude an der eigenen Sprache wieder zu entdecken, oder einen natürlichen Austausch entstehen zu lassen, der völlig unerwartet Kreativität freisetzt.
Das wird im Wirtschaftskontext gar nicht abgefragt. Da geht man in ein Gespräch rein mit den Punkten, die man auf jeden Fall loswerden will, und dann wird das Ganze zur Selbstbehauptungsübung. Sich-behaupten-wollen setzt voraus, dass man als Sieger aus dem Gespräch hervorgehen will. Das macht aber alle zu Verlierern, weil nichts wirklich Neues passiert. Vielleicht gäbe es ja etwas, das viel mehr erfüllt als das momentane Selbstbild, die neueste Strategie. Wir werden es nie erfahren, wenn wir nicht riskieren, überrascht zu werden.
Was mein eigenes Marketing betrifft: Ich vertraue darauf, dass die richtigen Menschen zu mir finden – oft über persönliche Empfehlung. Gleichzeitig weiß ich, dass Sichtbarkeit wichtig ist und ich Social Media nicht ignorieren sollte. Ich arbeite daran, mich als sehenswert zu empfinden, ohne Regeln zu imitieren.
Menschen unterschätzen völlig,
wie sehr Sound Selbstfürsorge ist.
Armin: Wenn du ins Wirtschaftsleben hineinhorchst – was hörst du?
Ulrich: Ich höre viel Selbstbehauptung und gleichzeitig eine erstaunlich schlechte Audioqualität. In einem früheren Startup‑Job saß ich in Meetings, die klanglich kaum auszuhalten waren. Menschen unterschätzen völlig, wie sehr Sound Selbstfürsorge ist – und wie er Beziehung verändert. Ich würde der Wirtschaft zuflüstern: Schenkt euch gegenseitig besseren Sound! Fangt dort an!
Armin: Was überhörst du heute bewusst, was du früher ernst genommen hast?
Ulrich: Selbstbeweihräucherung. Früher sprang ich darauf an, heute erkenne ich es und lasse es vorbeiziehen. Mein Bauchgefühl entscheidet besser als früher.
Armin: Und welche Art von Hören braucht die Welt als Nächstes?
Ulrich: Bewusstes Hören. Ein Hören, das wahrnimmt, bevor es urteilt. Ein Hören, das stärkt, klärt, verbindet. Ein meditatives Hören, das uns erlaubt zu steuern, was wir an uns heranlassen und wie wir unseren Hörsinn nutzen.
Woman in Chains, Tears for Fears
The Rhythm of the Heat, Peter Gabriel
Walk Don’t Walk, Prince
Die 3 Songs hören auf Spotify.
Alle Songs von Buddha-in-Business auf Spotify
Enjoy!