Chanten (Nam-Myoho-Renge-Kyo)

Die Grundausübung im Soka-Buddhismus. Sie besteht im Rezitieren von Nam-Myoho-Renge-Kyo. Der Begriff ist aus dem Englischen importiert – to chant – dem Verb für sakralen Gesang, das uns im Deutschen fehlt. Es wird intoniert wie gesprochen und jede Silbe wird gleich betont. Besondere Regeln fürs Atmen, wie man es vielleicht vom Yoga gewohnt sein mag, gibt es hier nicht.

Und so klingt es: [Sound-Datei einbauen]

Stärker bekannt geworden ist diese Ausübung durch die Biografien von Tina Turner und dem Film über ihr Leben, wo man sie beim Chanten sieht. Tina Turner praktizierte ebenfalls den Soka-Buddhismus. Anhand ihrer Lebensgeschichte kann man den Sinn und Zweck des Chantens gut erkennen. Soka-BuddhistInnen chanten unter anderem, um:

  • ihr Leben immer wieder zu erneuern und ins Positive zu verändern
  • die Tugenden des Buddha – Mut, Weisheit und Mitgefühl – in sich hervorzurufen und diese zur Handlungsgrundlage zu machen
  • Wünsche, Träume und Hoffnungen zu verwirklichen
  • Karma in Aufgabe zu verwandeln
  • Schwierigkeiten und Hindernisse als Sprungbrett für größeres Glück zu nutzen
  • die 4 Grundleiden – Geburt, Krankheit, Alter, Tod – zu überwinden
  • zum Glück ihrer Familien, FreundInnen, KollegInnen und letztlich aller Mitlebewesen beizutragen
  • Konfliktsituationen friedlich und kreativ zu meistern

Das große, umfassende Ziel des Chantens ist die menschliche Revolution, die stetige, ständige Selbstveränderung, die das Ego einhegt, eine umfassendere, umsichtigere Lebenseinstellung kultiviert und positiveres Handeln auslöst.

Das Chanten wirkt durch den Klang und die Vibration. Wir Soka-Buddhisten nennen es „den Weckruf an den Buddha in uns“. Und es wirkt durch die Konzentration auf – oder den Glauben daran –, dass wir Buddha sind und jedes Unglück in Glück verwandeln können. Anders die stille Meditation, wie sie im Zen oder in der Achtsamkeitsbewegung praktiziert wird, liegt der Fokus nicht so sehr im Beobachten und Geschehenlassen der eigenen Gedanken, sondern auf dem Tun durch unsere Stimme. Das Chanten ist für die meisten eher aktivierend, auch wenn hier der Geist ebenfalls zur Ruhe kommen mag und sich Entspannung, Gelassenheit und Gewissheit einstellen können. Es geschieht das, was unser Herz gerade braucht – so erleben wir die Wirkung des Chantens.

In der Regel chanten wir Soka-Buddhisten zwei Mal am Tag, morgens und abends. Die Dauer ist nicht vorgeschrieben, empfohlen wird „nach Herzenslust“ und natürlich nach den Bedingungen unseres Alltags. Das können an ereignisreichen Tagen nur ein paar Minuten sein, in Krisenzeiten oder vor wichtigen Ereignissen auch gerne mal eine Stunde oder mehr.

Wir chanten als Basis unseres Alltags allein, aber oft auch gemeinsam, zu zweit oder in Gruppen, um uns gegenseitig zu inspirieren, anzuspornen und zu unterstützen. Das ist einem Ausdauersport nicht unähnlich: Ich muss dranbleiben, sonst verliere ich meinen hohen Lebenszustand wieder, und ich schaffe das kaum ohne die Unterstützung anderer, die diesen Sport ebenfalls betreiben. Doch wer den Nutzen des Chantens wiederholt erlebt und Krisen damit gemeistert haben, bleibt meist bis ans Lebensende dabei.